Nicht nur im Ausland kann es schwierig sein, schnell an die richtigen Medikamente, Verbandsmaterial oder wichtige Hilfsmittel wie ein Fieberthermometer zu kommen. Deswegen empfiehlt es sich, vor dem Urlaub immer auch die gesundheitliche Seite zu bedenken und sich mit einer gut ausgestatteten Reiseapotheke auf den möglichen Ernstfall vorzubereiten. Darauf weist der Tropen- und Reisemediziner Dr. Niels Schübel vom Klinikum Osnabrück hin.
Wie Schübel erklärt, gehören grundsätzlich alle Medikamente in eine Reiseapotheke, die auch zuhause regelmäßig eingenommen werden müssen. Und zwar in ausreichender Menge, weil die Beschaffung gerade im Ausland schwierig sein kann. Wie der Facharzt für Innere Medizin, der das Infektiologische Centrum am Klinikum Osnabrück leitet, warnt, ist in einigen Ländern das Risiko für Arzneimittelfälschungen erhöht – vom Kauf von Medikamenten im Ausland rät er in der Regel ab.
Wichtig: Wer fliegt, solle berücksichtigen, dass Koffer verspätet eintreffen oder Flüge gestrichen werden können. Wer auf Medikamente angewiesen ist, sollte deswegen immer eine ausreichende Menge mit ins Handgepäck nehmen. Diabetiker und andere Erkrankte, die flüssige Medikamente oder Spritzen brauchen und mit in ein Flugzeug nehmen müssen, sollten sich außerdem unbedingt ärztliche Bescheinigungen ausstellen lassen, die sie bei den Kontrollen am Flughafen vorzeigen können. Ebenso gelte das für Medikamente, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, etwa starke Schmerzmittel.
Nach den Worten von Schübel hängt die genaue Zusammensetzung einer Reiseapotheke von der Art des Urlaubs und vom Ferienziel ab. Es gibt aber einige Bestandteile, die für alle Reisenden ratsam sind. „Durchfall, Erkältungen und fieberhafte Infekte gehören zu den Erkrankungen, die häufig auf Reisen bzw. im Urlaub auftreten“, so Schübel, „deswegen gehören Mittel dagegen sozusagen zur Grundausstattung der Reiseapotheke.“
Wer von „Montezumas Rache“, also Durchfall, betroffen sei, brauche in den meisten Fällen keine weitere Behandlung, sondern müsse vor allem auf eine ausreichende Aufnahme von Flüssigkeit und eine Ernährung mit leichten, gut verdaulichen Speisen achten. Gegebenenfalls könne ein Pulver oder eine spezielle Lösung zum Rehydrieren, also zum Wiederherstellen des Wasserhaushalts, mitgenommen werden. „Stellt sich bei einer Durchfallerkrankung Fieber ein oder ist Blut im Stuhl enthalten, muss aber ein Arzt aufgesucht werden“, macht Schübel deutlich. Sei absehbar, dass bei einer Reise eine längere Zeit keine Toilette zur Verfügung stehe, kann es, wie der Arzt weiter erklärt, auch sinnvoll sein, sich mit einem Medikament zur Unterdrückung von Durchfall auszurüsten.
Kindern muss bei Durchfallerkrankungen besondere Aufmerksamkeit gelten: „Sie dehydrieren schneller als Erwachsene, deswegen muss bei ihnen besonders darauf geachtet werden, dass sie genug trinken. Außerdem brauchen Kinder auch für Fieber, Schmerzen und andere Erkrankungen andere Medikamente als Erwachsene. Wer mit Kindern reist, muss daran denken.“
Neben Sonnenschutz geht im Urlaub nach den Worten von Schübel vor allem an Mückenschutz kein Weg vorbei. „Mücken und ihre Stiche sind nicht nur lästig, sondern sie können auch Krankheiten übertragen“, sagt er. „Bei Ländern mit Malaria-Gefahr muss an die Prophylaxe gedacht werden. Gefahr vor von Mücken übertragenen Infektionskrankheiten besteht aber nicht nur in den Tropen und Subtropen, sondern auch im Süden von Europa und auf dem Balkan. Dengue-Fieber kommt etwa mittlerweile auch in Frankreich, Spanien und Italien vor, zuletzt am Gardasee – es ist nur eine Frage Zeit, bis es in Süddeutschland auftritt.“ Je nach Land und Reiseart müsse die passende Art von Mückenschutz gewählt werden: Eincremen mit wirksamen Mitteln, imprägnierte Bekleidung, nachts ein (ebenfalls imprägniertes) Moskitonetz.
Weil häufig auch fieberhafte Infekte als Erkrankung im Urlaub auftreten, ist es nach den Worten von Schübel außerdem ratsam, Fieber-/Schmerzmittel mit in die Reiseapotheke aufzunehmen. Außerdem wirken sie auch gegen Kopfweh und andere Schmerzen. „Häufig raten wir dabei zu Medikamenten mit dem Wirkstoff Paracatamol, weil diese anders als Acetylsalicylsäure (ASS) nicht die Blutungneigung verstärken. Letzteres könnte z.B. bei einer Dengue Infektion problematisch sein.“
Weitere wichtige Grundbestandteile der Reiseapotheke sind nach den Worten von Schübel Verbandszeug, Pflaster, Kompressen, Mullbinden und eine desinfizierende Lösung. „Im Urlaub wird viel unternommen – vielfach ungewohnte Aktivitäten – die mit einer erhöhten Unfall- oder Verletzungsgefahr verbunden sind. Eine Grundausrüstung zur Wundversorgung ist deswegen unverzichtbar – wobei es bei Wunden darauf ankommt, sie schnell zu desinfizieren und gut zu verbinden.“
Tipp von Schübel bei Problemen mit dem Druckausgleich im Flieger: Nasenspray beim Landeanflug einsetzen. Zu den wichtigen Bestandteilen einer Reiseapotheke gehören laut Schübel außerdem ein Fieberthermometer und gegebenenfalls Medikamente gegen Übelkeit.
Menschen mit Grund-/Vorerkrankungen sollten nach dem Rat von Schübel auch mögliche zusätzliche Belastungen durchs Fliegen oder Aktivitäten im Urlaub in ihre Reiseplanungen mit einbeziehen und vorher mit dem Arzt besprechen. „Mit Herz- oder Lungenerkrankungen ist Fliegen nicht so ganz harmlos“, sagt Schübel. „Gleichzeitig gibt es die Tendenz, dass immer ältere Menschen immer weiter weg fliegen.“ Gerade wenn ferne Länder das Ziel sind, sei eine reisemedizinische Beratung sinnvoll, wie sie etwa auch Schübel und sein Team im Infektiologische Centrum am Klinikum anbieten. Mit ins Urlaubsgepäck gehören natürlich immer auch die Krankenversicherungskarte und der Impfpass. Um sicherzustellen, dass bei einem medizinischen Notfall auch ein Rücktransport nach Deutschland erfolgen könne, sollten Auslandsreisende nach dem Rat von Schübel neben einer Reisekrankenversicherung auch an eine Reiserücktransportversicherung denken.