Wie der Tropen- und Reisemediziner Dr. Niels Schübel erklärt, der das Infektiologische Centrum am Klinikum Osnabrück leitet, welches die Ermächtigung für Gelbfieberimpfungen besitzt, unterscheiden sich mögliche Gesundheitsrisiken je nach Reiseland und individuellem Befund, unter anderem durch etwaige Vorerkrankungen. Daher lässt sich keine allgemeine Empfehlung zu Schutzimpfungen oder anderen Formen der Vorsorge abgeben. „Allgemein lässt sich sagen, dass es, je weiter eine Reise führt, umso wichtiger ist, sich mit Impfungen und Gesundheitsvorsorge zu befassen. Es spielt natürlich auch der Reisestil eine Rolle, also ob jemand als Backpacker in einem Land unterwegs ist oder den Urlaub in einem 5-Sterne-Resort verbringt“, sagt Schübel. „Es gibt aber nicht nur bei Fernreisen in tropische oder subtropische Gebiete mögliche Gesundheitsgefahren, sondern auch in Europa – beispielsweise kommt teils noch Tollwut vor oder es bestehen Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)-Risikogebiete.“
Schübel rät, dass sich Reisende – egal wohin es geht – grundsätzlich rechtzeitig vorher über mögliche Risiken informieren und eine reisemedizinische Beratung beim Hausarzt oder einem Spezialisten in Anspruch nehmen. „Am besten sechs Wochen vor Reiseantritt – manche Impfungen dauern einige Zeit“, erläutert Schübel. Wie er beschreibt, bestehen Impf-Empfehlungen für zahlreiche Reiseländer, vereinzelt werden bei der Einreise auch Impfbescheinigungen verlangt (zum Beispiel vor Gelbfieber).
Die Ständige Impfkommission (STIKO) und die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin erarbeiten die Empfehlungen und haben die Liste gerade im April noch einmal aktualisiert. Sie kann im Internet u. a. beim Auswärtigen Amt über www.auswaertiges-amt.de und beim Robert-Koch-Institut über www.rki.de eingesehen werden. Reisemedizinische Länderinformationen und aktuelle Meldungen zu Krankheitsausbrüchen in einzelnen Ländern können außerdem beim Centrum für Reisemedizin (CRM) unter www.crm.de abgerufen werden. Zudem gibt es vom Auswärtigen Amt die App „Sicher Reisen“, die Informationen direkt aufs Smartphone liefert.
Wie Schübel berichtet, ist die von Mücken übertragene Malaria die wichtigste Reiseerkrankung, die nach Deutschland eingeschleppt wird. „Es sind etwa 1.000 Fälle jährlich, die bundesweit gezählt werden – auch hier bei uns kommt es immer wieder vor“, so Schübel. „Malaria ist eine schwere Erkrankung und stellt immer einen Notfall dar. Wenn die Erkrankung unbehandelt bleibt, kann sie auch einen tödlichen Verlauf nehmen.“ Außer in Australien tritt Malaria auf allen Kontinenten in tropischen und subtropischen Regionen auf – zurzeit laut RKI in etwa 100 Ländern und auch in vielen Reiseregionen. „Daher die große Zahl der Fälle. In Hochrisikogebieten kann es sinnvoll sein, sich während einer Reise durch eine medikamentöse Prophylaxe zu schützen. Aber die wichtigste Möglichkeit zum Vorbeugen oder Vermeiden liegt – wie bei zahlreichen weiteren Erkrankungen – im Mückenschutz. Das heißt: unbedeckte Haut immer mit mückenabweisenden Mitteln eincremen, möglicherweise imprägnierte Kleidung tragen, nachts ein Moskitonetz nutzen.“
Wie Schübel erläutert, werden auch weitere Reiseerkrankungen wie das im afrikanischen, asiatischen, aber auch in Süd- und Mittelamerika vorkommende Zika-Virus, das in Südamerika und Afrika vorkommende Gelbfieber-Virus, die in Asien verbreitete Japan-Encephalitis und das ebenfalls auf eine Virusinfektion zurückgehende Dengue-Fieber von Mückenarten übertragen. „Dengue-Fieber kommt ebenfalls in tropischen und subtropischen Regionen in Asien, Afrika und Südamerika vor. Mit dem Auftauchen der Tigermücke sind aber auch bereits Fälle in Kroatien und Südfrankreich bekannt geworden. Deswegen gilt grundsätzlich, dass guter Mückenschutz das A und O ist.“
Nicht nur Mückenstiche seien besser zu vermeiden, sondern bei Reisen könnten durch andere Hygienestandards auch von Nahrungsmitteln und Trinkwasser Gesundheitsrisiken ausgehen. „In den meisten tropischen und subtropischen Ländern sind Typhus-Infektionen möglich, und bereits in Süd- und Osteuropa besteht ein größeres Risiko für Hepatitis A. Auch Hepatitis B gibt es in vielen Ländern noch und kann bei Sexual- oder Blutkontakten übertragen werden“, erläutert Schübel. „Ebenso gilt, dass Tollwut in vielen Ländern noch vorkommt und dort ein Biss eines Tieres zu einer Infektion führen kann. Auch besteht in manchen Reisegebieten in Deutschland eine erhöhte FSME-Gefahr.“ FSME ist eine durch Zecken übertragene Virusinfektion, die vor allem das zentrale Nervensystem betrifft und eine Entzündung des Gehirns und der Hirnhäute verursachen kann. Welche Arten von Vorsorge sinnvoll seien, ergebe sich aus dem Ziel und dem Reisestil; außerdem spielten auch individuelle Kriterien wie Alter und die gesundheitliche Verfassung eine Rolle. Reisende sollten rechtzeitig den Impfpass checken und sich beraten lassen.
Wie der Facharzt für Innere Medizin schildert, hat die Nachfrage nach Reiseberatungen im Infektiologischen Centrum des Klinikums in den vergangenen Jahren immer weiter zugenommen. „Es sind etwa 200 derartige Beratungen jährlich, die wir zurzeit machen“, so Schübel. Wie Schübel erklärt, sind die reisemedizinischen Beratungen und die Reiseimpfungen erst einmal keine Kassenleistung. „Aber die gute Nachricht ist, dass viele Kassen die Kosten teilweise oder sogar ganz übernehmen. Da muss man sich vorher informieren.“